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Kategorie: PTBS

Wenn Worte verletzen: Ein offener Brief an Frank

Wenn Worte verletzen: Ein offener Brief an Frank

Gestern habe ich im Fediverse eine Diskussion verfolgt, die mich tief getroffen hat.

Es ging um die Festnahme eines jungen Mannes wegen Missbrauchsdelikten in Hamburg. Als ich mich dazu geäußert habe, wurde ich mit einer Reaktion konfrontiert, die mich wütend und traurig gemacht hat.

Frank behauptete, die Medien würden nur aus rassistischen Gründen über diesen Fall berichten.

Diese unfassbare Einstellung hat mich dazu gebracht, meine eigene Geschichte zu teilen und darüber zu sprechen, wie solche Kommentare die Wunden der Vergangenheit aufreißen können.

Dieser Blogbeitrag ist ein offener Brief an Frank, aber er ist auch ein Aufruf an alle, sich der Macht und Verantwortung unserer Worte bewusst zu sein.

Als ich acht Jahre alt war, begann eine Zeit des Missbrauchs, die bis zu meinem zwölften Lebensjahr andauerte.

Diese Erfahrungen haben mich im wahrsten Sinne zerstört und es hat Jahrzehnte gedauert, bis ich mich stabil genug fühlte, um darüber zu sprechen.

Als ich gestern dort in Internet meine Geschichte teilte, tat ich das in der Hoffnung, dass Menschen verstehen, wie verletzend und gefährlich es ist, wenn wir die Aufmerksamkeit von den eigentlichen Problemen ablenken.

Die Reaktion von Frank hat mich wütend und traurig gemacht. Seine Worte haben mir gezeigt, wie wenig Verständnis und Empathie es manchmal gibt. Und wie unfassbar gefährlich Worte wie seine sein können.

Aber sie haben mich auch darin bestärkt, meine Stimme zu erheben und für die zu sprechen, die es nicht können.

Frank hat mich geblockt, nachdem er mir geraten hat, einen Psychologen aufzusuchen, weil ich ja krank sei und solchen „Bullshit“ von mir gebe.

Seine Reaktion zeigt, wie wenig Bereitschaft es manchmal gibt, sich mit den eigentlichen Problemen auseinanderzusetzen.

Es ist einfacher, die Medien zu beschuldigen und die Opfer zu beleidigen, sie können sich ja eh nicht wehren.

Aber ich lasse mich nicht zum Schweigen bringen. Ich teile meine Geschichte, weil es wichtig ist, dass die Stimmen der Opfer gehört werden.

Weil es wichtig ist, dass wir über Missbrauch und die Verantwortung der Medien sprechen.

Weil es wichtig ist, dass wir uns gegen Ablenkung und Diskriminierung stellen.

Wir alle tragen eine Verantwortung für das, was wir sagen. Worte können heilen, aber sie können auch verletzen.

Sie können Hoffnung geben, aber sie können auch zerstören. Ich weiß, wie es ist, wenn Worte wie Messer wirken, die alte Wunden aufreißen.

Ich weiß, wie es ist, wenn man das Gefühl hat, niemand versteht den Schmerz, der in einem brennt.

Aber ich weiß auch, dass es möglich ist, zu heilen. Es ist ein langer und schmerzhafter Weg, aber es ist möglich.

Das Teilen von Geschichten ist ein wichtiger Teil dieses Prozesses. Es gibt anderen vielleicht Hoffnung und zeigt ihnen, dass sie nicht allein sind.

Denkt daran, dass eure Worte Macht haben. Sie können Leben retten oder sie können Leben zerstören.

Bitte denkt daran, bevor ihr sprecht oder schreibt. Denkt an die Menschen, die eure Worte hören oder lesen.

Denkt an diejenigen, die vielleicht nicht so stabil sind wie ich in diesem Moment. Denkt an die jungen Mädchen und Jungen, die vielleicht schon am Rande des Abgrunds stehen und nur einen kleinen Schubs brauchen, um hinüber zu fallen.

Eure Worte können dieser Schubs sein.

Eure Worte können der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Eure Worte können der Funke sein, der das Feuer entzündet.

Bitte denkt daran. Bitte seid verantwortungsbewusst.

Bitte seid mitfühlend.

Und zum Schluss, Frank, ein persönlicher Gruß an dich:

Du hast mich geblockt, nachdem du mir geraten hast, einen Psychologen aufzusuchen.

Du hast mich als ‚krank‘ bezeichnet, weil ich meine Geschichte geteilt habe.

Aber weißt du was, Frank?

Ich bin nicht der Kranke hier.

Du bist derjenige, der die Realität nicht sehen will.

Du bist derjenige, der lieber die Medien beschuldigt, als sich mit den eigentlichen Problemen auseinanderzusetzen.

Du bist derjenige, der die Opfer ignoriert und die Täter schützt.

Ich hoffe, dass du eines Tages die Augen öffnest und verstehst, wie viel Schaden deine Worte anrichten können.

Ich hoffe, dass du eines Tages lernst, Verantwortung für das zu übernehmen, was du sagst.

Aber bis dahin, Frank, bleibst du einfach ein weiterer Teil des Problems.

Ich bin dann mal weg…

Ich bin dann mal weg…

CN: Dissoziative Episoden

Mein Leben mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung kann anstrengend sein und auch gerade für meine Mitmenschen, die um mich herum im normalen Alltag leben und handeln, kann es mitunter vielleicht auch beängstigend sein.

Warum? Schwierig für mich das in Worte zu fassen, aber ich möchte es gerne versuchen.

Durch meine PTBS habe ich von Zeit zu Zeit so genannte dissoziative Episoden, in denen ich wegdrifte. Dann bin ich mitunter nicht oder nur kaum ansprechbar. Oftmals passiert es durch Reizüberflutung. Das kann aber auch passieren, wenn ich still und konzentriert am Laptop sitze und eigentlich nichts „anstrengendes“ mache. Da reicht vielleicht eine Tonlage, ein Wort, ein Geräusch, ein Thema welches mir Probleme bereitet oder ein Duft – den genauen Auslöser später zu benennen fällt mir total schwer.

Dieses wegdriften ist so als wenn sich die Welt um mich herum in einen Nebel legt. Irgendwie als ob jemanden in einem gleißend hellen Park die Lichter um mich herum abschaltet. Erst gehen die Lichter 30 Meter weit weg von mir aus.. und dann 20, 10, 5, 3, 2, 1 und dann ist die Welt weg. Und ich stecke in mir fest. Kann nicht mehr klar sehen, sprechen oder überhaupt noch klar denken. Wobei das Denken in meinem Fall als letztes aufhört zu funktionieren. Und dann bin ich gefangen. Brauche manchmal nur eine Minute oder im schlimmsten Fall auch mal ein paar Stunden aus diesem inneren Labyrinth wieder hinaus zu finden und dann zu realisieren, dass ich Zeit und die Verbindung zur Realität verloren habe.

Das ist dann auch für meine Mitmenschen schwierig. Sie müssen mit ansehen, wie ich den Halt verliere. Ich werde dann auf einmal sehr still – starre vielleicht aus dem Fenster, meine Hände wirken manchmal wohl so als würde ich etwas greifen oder halten, obwohl da nichts ist und ich reagiere nicht mehr auf Ansprache oder Reize, die von außen kommen.

Es kann sogar sein, dass ich während einer Dissoziation von außen betrachtet normal weiter funktioniere. Ich habe es regelmäßig erlebt, dass ich weiter arbeiten, einkaufen war oder auch „normal“ mit anderen Leuten gesprochen habe. Dann komme ich manchmal Stunden später wieder zu mir und muss mich erst einmal komplett neu orientieren. Und im schlimmsten Falle mich bei Menschen entschuldigen, denen ich vielleicht vor den Kopf gestoßen habe. Besonders schwierig ist es wirklich, wenn ich Menschen nach so einer „autonomen Dissoziation“ wieder sehe und die dann an ein Gespräch anknüpfen, von dem ich überhaupt nichts mehr weiß.

Mir ist inzwischen klar geworden, warum ich daher auch Videocalls oder generell das Telefonieren nicht mag, sondern lieber schreibe. Denn wenn ich schreibe ist die Wahrscheinlichkeit extrem groß, dass ich es später, wenn ich wieder im Hier und Jetzt bin, nachlesen kann, was ich da von mir gegeben habe und dann direkt daran anknüpfen kann.

Zum Glück scheint mein „Autopilot-Ich“ dem normalen Ich recht nahe zu stehen, was Ansichten, Humor oder Vorlieben betrifft – sonst wäre es echt super-ätzend.

Im Idealfall bekomme ich die Anzeichen für das Abschalten meines Körpers und meines Geistes mit und kann gegensteuern in dem ich den Ort wechsel – wieder Ruhe rein bekomme – oder einfach Kopfhörer aufsetze, Musik laut anmache und mich dann nur darauf konzentriere. Darüber hinaus habe ich Medikamente, die ich in so einem Fall einnehmen kann und so dem Hirn ein Schnippchen schlage.

Derzeit kommen diese Phasen zwar noch ab und zu vor, aber längst nicht mehr in dem Ausmaße wie vor einigen Jahren, wo ich fast täglich und auch mehrfach täglich damit umgehen musste. Das mag vermutlich damit zusammenhängen, das ich durch meine Erwerbsminderungsrente aus dem Alltag ausbrechen darf – da fallen schon eine Menge Reize und Anstrengungen weg, die ich sonst täglich irgendwie mitverarbeiten müsste.

Ich möchte aber noch dringend erwähnen, dass meine PTBS und die damit verbundenen dissoziativen Ausfälle sehr individuell sind. Sie sind nicht zu 100% auf andere Menschen übertragbar, denn keine PTBS ähnelt der anderen, da ich glaube, dass auch die jeweiligen Ausgangssituationen, die zum Trauma geführt haben, subjektiv immer sehr individuell sind. Also kann ich hier nur über meine ganz persönlichen Erfahrungen schreiben.

Manches hingegen mag vielleicht dennoch für manche vertraut vorkommen.